Wie in Russland über den Dopingskandal berichtet wird
- Groll Matthias
- 19. Dez. 2019
- 4 Min. Lesezeit

Am Sonntag hat das russische Fernsehen in der Sendung „Nachrichten der Woche“ noch einmal über den Doping-Skandal berichtet. Da mich immer wieder Leser fragen, wie in Russland darüber berichtet wird, habe ich den Beitrag des russischen Fernsehens dazu übersetzt.
Beginn der Übersetzung:
Die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) hat Russland für vier Jahre von der Teilnahme an großen internationalen Wettbewerben, einschließlich der nächsten beiden Olympischen Spiele, im Sommer in Tokio und in China im Winter 2022, suspendiert. Wenn russische Athleten individuell ihre „Reinheit“ beweisen, dürfen sie an Wettkämpfen teilnehmen, aber unter neutraler Flagge. Auch das Abspielen der russischen Nationalhymne wird verboten. Große internationale Wettbewerbe innerhalb Russlands sollen in andere Länder verlegt werden. Die Entscheidung tritt 21 Tage nach der Annahme in Kraft treten. Russland hat jedoch das Recht, das WADA-Urteil vorher vor dem Schiedsgericht für Sport (CAS) anzufechten.
Die politischen Motive hinter der WADA-Entscheidung sind unbestreitbar. Die Geschichte der Diskriminierung russischer Athleten gibt es seit mehreren Jahren. Und in der Regel treffen alle internationalen Sportgremien Entscheidungen, die nicht zugunsten der Russen sind. Infolgedessen nahmen viele unserer Athleten, nicht an den letzten Olympischen Winterspielen im koreanischen Pyeongchang teil, obwohl sie nicht in Dopingskandale verwickelt waren.
Alle 17 Personen waren einstimmig gegen Russland. Wir sprechen mit Francesco Ricci Bitti: Wenn er eine Stimme im Exekutivkomitee gehabt hätte, dann hätte es eine Stimme für Russland gegeben.
„Es gibt eine Chance für die russische Athleten. Das ist wichtig“, sagte Francesco Ricci Bitti, Mitglied des WADA-Exekutivkomitees.
„Waren alle objektiv oder gab es auch viel Politik bei dieser Entscheidung?“
„Natürlich gibt es da Politik. Sport ist heute sehr wichtig, also geht es nicht ohne Politik“, sagte Ricci.
„Aber haben Sie versucht, Ihre Kollegen zu überzeugen?“
„Ich habe mit allen gesprochen. Aber die Entscheidung ist, wie sie ist. Aber es gibt Schiedsverfahren. Russland sollte beim CAS Klage einreichen.“
WADA-Vizepräsidentin Linda Helleland läuft selbst zu den Reportern, sie war nicht eingeladen, auf der Pressekonferenz zu sprechen, und ich wollte aber allen sagen, wie enttäuscht sie war. Sie zitterte fast vor Ärger. Helleland forderte eine Entschuldigung auf staatlicher Ebene und eine vollständige Disqualifikation Russlands und aller Athleten, egal wie makellos ihr Ruf ist.
„Ich bin nicht zufrieden. Ich wollte eine vollständige Disqualifizierung erreichen, ohne das Recht, in den nächsten vier Jahren große Sportveranstaltungen abzuhalten“, sagte Linda Helleland.
Statt einer Entschuldigung auf staatlicher Ebene, von der die Vizepräsidentin der WADA träumt, gibt es auf staatlicher Ebene Verwirrung. Denn zum zweiten Mal versucht man den russischen Sport wegen demselben Vorwurf zu bestrafen und das ist juristischer Unsinn.
Vor ein paar Jahren haben wir die Existenz von Dopingproblemen anerkannt und die RUSADA umgebaut. Vor einem Jahr hat die Agentur ihre Rechte wieder bekommen, wir fuhren ohne Leichtathleten nach Rio und ohne Flagge und Hymne nach Pyeongchang. Jetzt soll sich das für weitere 4 Jahre wiederholen. Außerdem befiehlt die WADA, uns alle großen internationalen Wettbewerbe zu nehmen, auch solche, für die die Vorbereitung bereits in vollem Gange sind.
„Wenn sie solche Entscheidungen über kollektive Strafen treffen, dann gibt es wohl allen Grund zu der Annahme, dass diese Entscheidungen nicht auf der Sauberkeit des internationalen Sports beruhen, sondern auf politischen Erwägungen, die nichts mit den Interessen des Sports und der olympischen Bewegung zu tun haben.“, sagte Wladimir Putin.
Formal ist die Entscheidung des WADA-Exekutivkomitees nur eine Empfehlung, aber versuchen Sie mal, sie nicht zu befolgen. Vor einem Jahr trat ein neuer Standard für die Einhaltung des Welt-Anti-Doping-Kodex in Kraft. Er wurde von allen unterzeichnet, dem IOC, internationalen und nationalen Verbänden, der der WADA Macht und Rechte einräumte. Die WADA, so stellt sich heraus, entscheidet über alles und jeden.
Die WADA – und sie ist kein internationaler Verband – befiehlt, ob die Eishockey-Weltmeisterschaft in Kasan stattfindet. Die WADA, nicht das IOC, befiehlt, unter welcher Flagge die Russen nach Tokio fahren. Die WADA wird Sauberkeitskriterien entwickeln und dann die Bewerbungen russischer Athleten mit der Lupe prüfen, die an Spielen und Meisterschaften unter neutraler Flagge teilnehmen wollen.
„Hier ist eine völlig neue, unbefleckte, saubere Generation russischer Athleten in eine solche Situation geraten. Hier sprechen wir über unsere brillanten Skater, unsere jungen, talentierten Skifahrer und Biathleten, die in dieser Saison ganz anders aussehen. Sie haben große Erfolge gefeiert und jetzt heißt es, lasst uns das ganze Team ausschließen, absolut alle“, empörte sich Sportkommentator Dmitry Guberniev.
Russlands Hoffnung im Schiedsverfahren ist, dass seine Eingaben und Beweise zumindest berücksichtigt werden. Schließlich haben wir angeboten, eine Arbeitsgruppe zu bilden, die Originalquellen zu überprüfen und „A“ und „B“ Dopingtests zu prüfen. Denn die Dopingtest-Datenbank von 2015, in der die WADA Manipulationen gefunden hat, ist ein Do-it-yourself-Produkt, es wurde nie zertifiziert und zugelassen. Wie sich herausstellte, hätte sein Entwickler, der in die Vereinigten Staaten geflohen ist, der Ex-Direktor des Moskauer Anti-Doping-Labors, Grigori Rodtschenkow, die Manipulationen aus den USA einbauen können.
Die WADA wollte nicht mit Russland ermitteln und mit ihm zusammenarbeiten. Mit solchen Rechten und Macht ist die Agentur zu einem idealen Strafmechanismus geworden. Sie kann jeden bestrafen: erfahrene und junge Athleten, die 2015 noch Kinder waren.
„Es ist eine Schande, dass wegen skrupelloser Athleten, die einst des Dopings für schuldig befunden wurden, heute jene jungen Menschen leiden, die völlig unbeteiligt sind“, sagte Irina Slutskaya, olympische Silbermedaillengewinnerin im Eiskunstlauf Skating.
„Ich habe mit verschiedenen ausländischen Athleten gesprochen. Und jeder ist davon überzeugt, dass ein Sportler, der nicht gegen Anti-Doping-Gesetze verstoßen hat, nicht mit Sanktionen belegt werden kann.“, sagte Wladimir Salnikow, Präsident des Allrussischen Schwimmverbandes.
So genau beobachtet die WADA natürlich nur Russland. Und bestraft nur unsere Nationalmannschaft. Im Jahr 2003 wurde zum Beispiel entdeckt, wie eng US-Leichtathleten mit dem Labor BALCO zusammenarbeiteten, 15 Jahre wurde dort gedopt. Als der Betrug aufgedeckt wurde, wurde niemand suspendiert: weder die US-Nationalmannschaft noch speziell die Leichtathletik-Nationalmannschaft.
Für jede Sportart, jede Meisterschaft, jeden Athleten, für seine eigenen und ihre Rechte wird Russland mit allen möglichen Methoden in allen möglichen Instanzen kämpfen. Vor allem vor dem Schiedsgericht für Sport von Lausanne, das sich sehr bald mit einer neuen und sehr umstrittenen Entscheidung der WADA befassen wird.
Ende der Übersetzung
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